Bildung und Erziehung
"Diese Lähmung der Einzelnen halte ich für das größte Übel des Kapitalismus. Unser ganzes Bildungssystem leidet darunter. Dem Studenten bzw. der Studentin wird ein übertriebenes Konkurrenzstreben eingetrichtert und er bzw. sie wird dazu ausgebildet, raffgierigen Erfolg als Vorbereitung für seine bzw. ihre zukünftige Karriere anzusehen.
Ich bin davon überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, dieses Übel loszuwerden, nämlich den, ein sozialistisches Wirtschaftssystem zu etablieren, begleitet von einem Bildungssystem, das sich an sozialen Zielsetzungen orientiert. In solch einer Wirtschaft gehören die Produktionsmittel der Gesellschaft selbst und ihr Gebrauch wird geplant. Eine Planwirtschaft, die die Produktion auf den Bedarf der Gemeinschaft einstellt, würde die durchzuführende Arbeit unter all denjenigen verteilen, die in der Lage sind zu arbeiten, und sie würde jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind einen Lebensunterhalt garantieren. Die Bildung hätte zum Ziel, dass die Individuen zusätzlich zur Förderung ihrer eigenen angeborenen Fähigkeiten einen Verantwortungssinn für die Mitmenschen entwickeln anstelle der Verherrlichung von Macht und Erfolg in unserer gegenwärtigen Gesellschaft."
(Albert Einstein)
Erziehung und Bildung sind es, die den Menschen von jungen Jahren an prägen, und viel Einfluss auf dessen Entwicklung haben.
Während das kapitalistische Bildungsverständnis die Reproduktion der sozialen Klassen anstrebt sehen wir Bildung als Instrument zur freien Persönlichkeitsentfaltung und Transformation der Gesellschaftsverhältnisse.
Erziehung und Bildung der Menschen sollte oberste Priorität haben. In einer Gesellschaft, deren Grundwerte die Gleichberechtigung, die Solidarität, die Demokratie sind bzw. sein sollten, muss das Vermitteln dieser Werte das Ziel dieser Erziehung und Bildung sein.
Das Bildungssystem prägt Rollenbilder und Geschlechterverhältnisse. Neben einem Lehrinhalt, der Frauen und Mädchen in gleichem Maße berücksichtigt und nicht als Sonderthema behandelt, bedarf es einer geschlechtersensiblen Ausbildung von LehrerInnen. Die Interessen und Bedürfnisse von Mädchen müssen im Schulbetrieb stärker berücksichtigt werden und statt der Vermittlung von traditionellen Rollenbilder müssen Mädchen gefördert und gestärkt werden. Auch im Lehrstoff muss eine verstärkte Sichtbarmachung von Frauengeschichte und historischen Frauenfiguren Beachtung finden. Darüber hinaus ist es notwendig, dass die Lebensrealität von Frauen gleichberechtigt in allen Unterrichtsgegenständen einfließt.
Bildung und Ausbildung
Anders als die Ausbildung, die ein konkretes Ziel verfolgt (z.B.: die Vermittlung von Fertigkeiten zur Ausübung eines Berufs), umfasst der Begriff Bildung ein viel weiteres Feld.
Grundsätzlich bedeutet Bildung die Aneignung von Wissen, allerdings hatte Bildung immer eine darüber hinaus gehende, einem steten Wandel unterworfene Bedeutung, die über den Aspekt Wissen hinausgeht und auch die Entfaltung von Persönlichkeit sowie die Fähigkeit zu sozialem, eigenverantwortlichem Handeln umfasst.
Der neuhumanistische Bildungsbegriff des 19. Jahrhunderts, der die allgemeine Persönlichkeitsbildung zum Ziel hatte, erfuhr unter dem Einfluss einer sich immer pragmatischer ausrichtenden Wissenschaftsentwicklung entscheidende Veränderungen, so dass im heutigen Bildungssystem oftmals eine sehr frühe Spezialisierung erfolgt.
Allen Zeiten gemein war, dass Bildung, da der Zugang zu ihr nicht allen Menschen gleichwertig möglich war, ein Merkmal zur Unterscheidung gesellschaftlicher Schichten und Klassen war. Diese Unterschiede gilt es zu überwinden.
Schule
Die Schule vermittelt nicht nur Wissen, sie vermittelt auch Wertvorstellungen und soziale Kompetenz. Die in der Schule vermittelten Wertvorstellungen, das vermittelte Geschichtsbild, die männlichen bzw. weiblichen Rollenbilder und vieles mehr prägen die Menschen.
Das Erwerben von sozialer Kompetenz, das Erkennen der Gleichheit von Mann und Frau, das Fördern von Demokratiebewusstsein müssen, neben der Vermittlung von Wissen, Ziel der schulischen Ausbildung sein.
Die Demokratisierung der Schulen sollte dabei oberste Priorität haben. SchülerInnen müssen auch in jungen Jahren an in die sie betreffenden Entscheidungsfindungsprozesse an den Schulen eingebunden werden, von jungen Jahren an lernen mit Demokratie zu leben.
Sowohl bei schulorganisatorischen als auch bei unterrichtsrelevanten Fragen müssen SchülerInnen umfassende Mitgestaltungsrechte eingeräumt werden. Dafür bedarf es neben politischer Bildung grundlegende Rechte, wie z.B. das Recht zu streiken.
Auch Didaktik und Lehrinhalte sollten geändert werden. Ein partnerschaftliches, demokratisches Verhältnis zwischen SchülerIn und LehrerIn muss anstelle der starren, hierarchischen Strukturen, die für das heutige Bildungswesen charakteristisch sind, etabliert werden.
Das vermittelte idealistische Gesellschafts- und Geschichtsbild sollte durch eine materialistische Weltanschauung ersetzt werden, damit die SchülerInnen ihre Möglichkeiten, gestaltend in die Gesellschaft einzugreifen, auch wahrnehmen.
Die Trennung von Kirche und Staat muss, gerade an Schulen, konsequent vollzogen werden. Religionsunterricht ist ebenso abzulehnen, wie das Anbringen konfessioneller Symbole in Schulen und Klassenräumen.
Schulbildung muss allen Teilen der Gesellschaft zu gleichen Bedingungen zugänglich sein, weshalb jegliche Art von Schulgeldern (auch verstecktem Schulgeld wie z.B. Selbstbehalte bei SchülerInnenfreifahrten od. Schulbüchern) oder sonstigen Zugangsbeschränkungen abzulehnen ist.
Privatschulen sind ebenso abzulehnen wie Werbung an Schulen und jede Form des Sponsorings durch Wirtschaft und Industrie sowohl was schulische Veranstaltungen als auch Unterrichtsbehelfe angeht, da die Bildung dadurch privaten (Profit-)Interessen unterworfen wird, die im Gegensatz zu den Interessen der Gesellschaft stehen. Außerdem fordern wir eine klare Reduktion der KlassenschülerInnenhöchstzahlen auf unter 20 SchülerInnen.
Gesamtschule
Ein Gesamtschulwesen, das nicht zwischen Berufsausbildung und universitärer Weiterbildung differenziert, muss Ziel der Entwicklung des Bildungssystems sein.
Nur wenn SchülerInnen in einem gemeinsamen Schultyp unterrichtet werden, ist der größtmögliche Bildungszugang gewährleistet. SchülerInnen müssen neben einer Grundausbildung nach ihren Interessen Ausbildungsschwerpunkte wählen können.
Bildung, auch höhere Bildung, muss ohne Hürden für alle offen sein. Unser Ziel ist es, die Trennung von Schule, Uni und Lehrausbildung aufzuheben.
Ganztagsschule
Auch die Ganztagsschule ist eine Möglichkeit, die Gleichheit schulischer Bildungsprozesse zu gewährleisten.
Gerade Kindern und Jugendlichen von NiedriglohnbezieherInnen bzw. AlleinverdienerInnen kommt dieses Konzept der ganztägigen schulischen Betreuung in Form eines fächerübergreifenden, projekt – und handlungs-orientierten Lernunterstützung und Freizeitgestaltung besonders zu Gute.
Die Ganztagsschule mit gemeinsamer Teilnahme aller SchülerInnen vom morgendlichen Schulbeginn bis in den Nachmittag bietet die Möglichkeit einer dem Lernrhythmus der SchülerInnen entsprechenden Verteilung der Lernzeit und der freizeitlichen Aktivitäten auf Vormittag und Nachmittag.
Auch als Ort sozialer Begegnung und sozialen Lernens eröffnet die Ganztagsschule in weitaus umfangreicherer Form als die Halbtagsschule soziale Kontakte der SchülerInnen untereinander.
Leistungsbeurteilung
Ziel der schulischen Ausbildung muss es sein, den Schülerinnen und Schülern Wissen zu vermitteln, nicht Leistung zu beurteilen.
Wir fordern daher, jegliche Form der Leistungsbeurteilung abzuschaffen. Der Drang der Menschen, Wissen zu erwerben ist eine wesentlich stärkere Motivation zu lernen, als der zur Zeit herrschende Leistungsdruck es jemals sein kann.
Universität
Die Wissenschaften haben in der Vergangenheit viel zum gesellschaftlichen Fortschritt beigetragen. Unserer Meinung nach sollen sie die Werkzeuge zum Erkennen und zur Bewältigung gesellschaftlicher Probleme liefern.
Die Inhalte der Lehre und Forschung dürfen nicht die Interessen der lohnabhängigen Mehrheit der Bevölkerung und die von Minderheiten ignorieren.
Den Universitäten kommt daher auch eine wichtige Rolle im Kampf um die gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Wohlstandes zu. Als Sozialistische Jugend sehen wir die Universitäten in diesem Kontext als gesamtgesellschaftliche Institutionen, zu denen daher auch Stellung zu beziehen ist.
Wir bekennen uns zum offenen Hochschulzugang. Die Bildung ist Angelegenheit des Staates, er hat diese zu garantieren. Jede Form von Studiengebühren, Einschreibgebühren oder Kostenbeteiligungsmodellen wird von der Sozialistischen Jugend entschieden abgelehnt.
Die Sozialistische Jugend fordert den kostenlosen und offenen Zugang zu allen Bildungseinrichtungen. Weiters fordern wir einen leichteren Zugang zur Universität für Nicht-MaturantInnen.
Trotz aller Reformen der Kreisky-Zeit die ohnehin in den letzten Jahren massiv reduziert wurden, sind Kinder aus der Arbeiterklasse an den Universitäten immer noch unterrepräsentiert.
Einer der Gründe dafür ist die mangelnde soziale Absicherung der Studierenden und die schlechte Verteilung der Studienbeihilfe.
Zu viele Studierende müssen neben dem Studium arbeiten gehen, um sich dieses überhaupt leisten zu können. Die Folge dieser Doppelbelastung ist eine Verlängerung der Studienzeit und damit verbunden natürlich auch die Erhöhung der individuellen und staatlichen Kosten.
Studieren muss ohne zusätzlichen Verdienst möglich sein.
Besondere Beachtung verdient die Stellung der Frauen an den Universitäten. Dies betrifft besonders die Beschäftigungspolitik der Universitäten, wo Frauen in entscheidenden Rollen massiv unterrepräsentiert sind.
Fachhochschulen in ihrer jetzigen Form lehnt die Sozialistische Jugend ab. Kaum vorhandene Möglichkeiten der studentischen Mitbestimmung sowie die Ausrichtung der Fachhochschulen auf die Interessen der Privatwirtschaft stehen im Widerspruch zu dem von uns angestrebten Bildungssystem.
Bildung hat sich an den Interessen der Menschen, nicht an den Profitinteressen der privaten Wirtschaft zu orientieren.
Erwachsenenbildung
Ebenso schrankenlos wie der Zugang zu Schulen und Universitäten sollte auch der Zugang zur Erwachsenenbildung sein. Weiterbildung darf nicht das Privileg der herrschenden Klasse sein, sondern muss allen Menschen jederzeit offen stehen und von öffentlicher Hand finanziert werden.
Weiterbildungsangebote sind flächendeckend bereitzustellen um ein Stadt-Land Gefälle zu vermeiden.
Wissenschaft und Forschung
Wissenschaft ist die Vorraussetzung menschlichen Fortschritts. Das Studium von Phänomenen und Zusammenhängen und das Erkennen von Möglichkeiten des Eingreifens in natürliche und gesellschaftliche Prozesse zum Wohle der Menschheit sollte Aufgabe der Wissenschaft sein.
In der Klassengesellschaft ist die Wissenschaft aber den Interessen der herrschenden Klasse unterworfen, da diese es ist, in deren Auftrag die Wissenschaft arbeitet, welche die Forschung finanziert und repräsentiert.
Wissenschaftliche Erkenntnisse werden marktwirtschaftlichen Regeln unterworfen indem Forschungsergebnisse patentiert und wie Waren gehandelt werden, Forschung, die im Widerspruch zu den Interessen der Herrschenden steht, wird einfach unterdrückt, Erkenntnisse werden zurückgehalten.
Diese Verfälschung der Aufgaben der Wissenschaft, die Instrumentalisierung der Forschung hat eine Einschränkung der Wissenschaft zur Folge, die allein im Interesse der herrschenden Klasse liegt.
Sie ist es, die wissenschaftliche Arbeit primär zur Absicherung der eigenen Machtposition, einsetzt.
Aus diesen Fesseln muss die Wissenschaft befreit werden. Wissenschaft muss dem Fortschritt der gesamten Menschheit dienen, nicht der Profitgier einiger weniger Privilegierter. Wir fordern die Offenlegung aller Forschungsergebnisse und die Aufhebung des Patentrechts.
Lehrlingsausbildung
Die Zahl der Lehrstellensuchenden übersteigt jedes Jahr die Zahl der angebotenen Lehrstellen. Viele von denen, die einen Lehrplatz haben, wollten ursprünglich eine ganz andere Ausbildungsrichtung einschlagen. Die Angebote für junge Frauen beschränken sich auf die traditionellen, im Allgemeinen weitaus geringer entlohnten, Frauenberufe. Schutzbestimmungen für Lehrlinge werden Schritt für Schritt abgebaut. Die Zahl der angeboten Lehrstellen nimmt von Jahr zu Jahr ab - Die duale Lehrlingsausbildung (Ausbildung in Betrieb und Berufsschule) ist am Ende.
Triale Lehrlingsausbildung
In Sachen Lehrlingsausbildung geht es unserer Meinung nach nicht nur um eine quantitative Verbesserung, sprich das genügend Lehrplätze vorhanden sind, sondern auch um eine qualitative Verbesserung der Lehrlingsausbildung und der Arbeitsbedingungen, damit dem Wort Bildung auch Rechnung getragen wird.
Wir wollen die duale Lehrlingsausbildung durch ein triales Lehrlingsausbildungssystem ersetzen. Neben den Komponenten Ausbildung in Betrieb und Berufsschule sollen bei allen Berufssparten, in denen dies möglich erscheint, öffentliche Lehrwerkstätten als zusätzliche Ausbildungskomponente geschaffen werden.
Das derzeitige System kann die quantitative und qualitative Ausbildung jetzt und auch in Zukunft nicht gewährleisten.
Ein triales Modell erhöht die Zahl der Lehrplätze und sichert die Qualität der Ausbildung. Bildung ist die Aufgabe des Staates! Nicht nur im Schulbereich, sondern auch bei der Lehrlingsausbildung. Deshalb muss auch die Lehrlingsausbildung auf staatlicher Ebene in Form von Lehrwerkstätten passieren.
Jede und jeder, die/der einen Ausbildungsplatz für eine bestimmte Berufssparte möchte, muss diesen auch bekommen! Die Wirtschaft darf dabei allerdings nicht aus ihrer Verantwortung genommen werden, sondern hat in diesem Fall vielmehr die Aufgabe, die praxisorientierte Ausbildung zu gewährleisten und in Form eines Umlageverfahrens auch die öffentlichen Lehrwerkstätten zu finanzieren. Es sind die einzelnen Betriebe, die von gut ausgebildeten FacharbeiterInnen profitieren.
Reform der Berufsschulen
Auch im Berufsschulbereich sind Veränderungen mehr als nur notwendig. Eine Entrümpelung des Lehrplanes auf der einen Seite, mehr praxisorientierte Ausbildung, sowie im Sinne des lebenslangen Lernens und der Chancengleichheit mehr Bedacht auf Allgemeinbildung auf der anderen Seite sind notwendig.
In letzter Konsequenz streben wir ein Ausbildungssystem an, indem die Lehrlingsausbildung einen integrierten Bestandteil der modularen Gesamtschule darstellt.
Ziel der Umwälzungen
Das Ziel, auf das alle Umwälzungen im Bildungsbereich orientiert sein müssen, ist die Auflösung der Trennung in Schule, Universität und Lehre, da diese nicht nach den Interessen sondern nach der sozialen Herkunft der Menschen differenziert.
Die Trennung der verschiedenen Schultypen reproduziert etablierte Gesellschaftsstrukturen, während in Bildungssystem, das all diese Bereiche umfasst, gleiche Voraussetzungen für alle Menschen schafft.
Ich bin davon überzeugt, dass es nur einen Weg gibt, dieses Übel loszuwerden, nämlich den, ein sozialistisches Wirtschaftssystem zu etablieren, begleitet von einem Bildungssystem, das sich an sozialen Zielsetzungen orientiert. In solch einer Wirtschaft gehören die Produktionsmittel der Gesellschaft selbst und ihr Gebrauch wird geplant. Eine Planwirtschaft, die die Produktion auf den Bedarf der Gemeinschaft einstellt, würde die durchzuführende Arbeit unter all denjenigen verteilen, die in der Lage sind zu arbeiten, und sie würde jedem Mann, jeder Frau und jedem Kind einen Lebensunterhalt garantieren. Die Bildung hätte zum Ziel, dass die Individuen zusätzlich zur Förderung ihrer eigenen angeborenen Fähigkeiten einen Verantwortungssinn für die Mitmenschen entwickeln anstelle der Verherrlichung von Macht und Erfolg in unserer gegenwärtigen Gesellschaft."
(Albert Einstein)
Erziehung und Bildung sind es, die den Menschen von jungen Jahren an prägen, und viel Einfluss auf dessen Entwicklung haben.
Während das kapitalistische Bildungsverständnis die Reproduktion der sozialen Klassen anstrebt sehen wir Bildung als Instrument zur freien Persönlichkeitsentfaltung und Transformation der Gesellschaftsverhältnisse.
Erziehung und Bildung der Menschen sollte oberste Priorität haben. In einer Gesellschaft, deren Grundwerte die Gleichberechtigung, die Solidarität, die Demokratie sind bzw. sein sollten, muss das Vermitteln dieser Werte das Ziel dieser Erziehung und Bildung sein.
Das Bildungssystem prägt Rollenbilder und Geschlechterverhältnisse. Neben einem Lehrinhalt, der Frauen und Mädchen in gleichem Maße berücksichtigt und nicht als Sonderthema behandelt, bedarf es einer geschlechtersensiblen Ausbildung von LehrerInnen. Die Interessen und Bedürfnisse von Mädchen müssen im Schulbetrieb stärker berücksichtigt werden und statt der Vermittlung von traditionellen Rollenbilder müssen Mädchen gefördert und gestärkt werden. Auch im Lehrstoff muss eine verstärkte Sichtbarmachung von Frauengeschichte und historischen Frauenfiguren Beachtung finden. Darüber hinaus ist es notwendig, dass die Lebensrealität von Frauen gleichberechtigt in allen Unterrichtsgegenständen einfließt.
Bildung und Ausbildung
Anders als die Ausbildung, die ein konkretes Ziel verfolgt (z.B.: die Vermittlung von Fertigkeiten zur Ausübung eines Berufs), umfasst der Begriff Bildung ein viel weiteres Feld.
Grundsätzlich bedeutet Bildung die Aneignung von Wissen, allerdings hatte Bildung immer eine darüber hinaus gehende, einem steten Wandel unterworfene Bedeutung, die über den Aspekt Wissen hinausgeht und auch die Entfaltung von Persönlichkeit sowie die Fähigkeit zu sozialem, eigenverantwortlichem Handeln umfasst.
Der neuhumanistische Bildungsbegriff des 19. Jahrhunderts, der die allgemeine Persönlichkeitsbildung zum Ziel hatte, erfuhr unter dem Einfluss einer sich immer pragmatischer ausrichtenden Wissenschaftsentwicklung entscheidende Veränderungen, so dass im heutigen Bildungssystem oftmals eine sehr frühe Spezialisierung erfolgt.
Allen Zeiten gemein war, dass Bildung, da der Zugang zu ihr nicht allen Menschen gleichwertig möglich war, ein Merkmal zur Unterscheidung gesellschaftlicher Schichten und Klassen war. Diese Unterschiede gilt es zu überwinden.
Schule
Die Schule vermittelt nicht nur Wissen, sie vermittelt auch Wertvorstellungen und soziale Kompetenz. Die in der Schule vermittelten Wertvorstellungen, das vermittelte Geschichtsbild, die männlichen bzw. weiblichen Rollenbilder und vieles mehr prägen die Menschen.
Das Erwerben von sozialer Kompetenz, das Erkennen der Gleichheit von Mann und Frau, das Fördern von Demokratiebewusstsein müssen, neben der Vermittlung von Wissen, Ziel der schulischen Ausbildung sein.
Die Demokratisierung der Schulen sollte dabei oberste Priorität haben. SchülerInnen müssen auch in jungen Jahren an in die sie betreffenden Entscheidungsfindungsprozesse an den Schulen eingebunden werden, von jungen Jahren an lernen mit Demokratie zu leben.
Sowohl bei schulorganisatorischen als auch bei unterrichtsrelevanten Fragen müssen SchülerInnen umfassende Mitgestaltungsrechte eingeräumt werden. Dafür bedarf es neben politischer Bildung grundlegende Rechte, wie z.B. das Recht zu streiken.
Auch Didaktik und Lehrinhalte sollten geändert werden. Ein partnerschaftliches, demokratisches Verhältnis zwischen SchülerIn und LehrerIn muss anstelle der starren, hierarchischen Strukturen, die für das heutige Bildungswesen charakteristisch sind, etabliert werden.
Das vermittelte idealistische Gesellschafts- und Geschichtsbild sollte durch eine materialistische Weltanschauung ersetzt werden, damit die SchülerInnen ihre Möglichkeiten, gestaltend in die Gesellschaft einzugreifen, auch wahrnehmen.
Die Trennung von Kirche und Staat muss, gerade an Schulen, konsequent vollzogen werden. Religionsunterricht ist ebenso abzulehnen, wie das Anbringen konfessioneller Symbole in Schulen und Klassenräumen.
Schulbildung muss allen Teilen der Gesellschaft zu gleichen Bedingungen zugänglich sein, weshalb jegliche Art von Schulgeldern (auch verstecktem Schulgeld wie z.B. Selbstbehalte bei SchülerInnenfreifahrten od. Schulbüchern) oder sonstigen Zugangsbeschränkungen abzulehnen ist.
Privatschulen sind ebenso abzulehnen wie Werbung an Schulen und jede Form des Sponsorings durch Wirtschaft und Industrie sowohl was schulische Veranstaltungen als auch Unterrichtsbehelfe angeht, da die Bildung dadurch privaten (Profit-)Interessen unterworfen wird, die im Gegensatz zu den Interessen der Gesellschaft stehen. Außerdem fordern wir eine klare Reduktion der KlassenschülerInnenhöchstzahlen auf unter 20 SchülerInnen.
Gesamtschule
Ein Gesamtschulwesen, das nicht zwischen Berufsausbildung und universitärer Weiterbildung differenziert, muss Ziel der Entwicklung des Bildungssystems sein.
Nur wenn SchülerInnen in einem gemeinsamen Schultyp unterrichtet werden, ist der größtmögliche Bildungszugang gewährleistet. SchülerInnen müssen neben einer Grundausbildung nach ihren Interessen Ausbildungsschwerpunkte wählen können.
Bildung, auch höhere Bildung, muss ohne Hürden für alle offen sein. Unser Ziel ist es, die Trennung von Schule, Uni und Lehrausbildung aufzuheben.
Ganztagsschule
Auch die Ganztagsschule ist eine Möglichkeit, die Gleichheit schulischer Bildungsprozesse zu gewährleisten.
Gerade Kindern und Jugendlichen von NiedriglohnbezieherInnen bzw. AlleinverdienerInnen kommt dieses Konzept der ganztägigen schulischen Betreuung in Form eines fächerübergreifenden, projekt – und handlungs-orientierten Lernunterstützung und Freizeitgestaltung besonders zu Gute.
Die Ganztagsschule mit gemeinsamer Teilnahme aller SchülerInnen vom morgendlichen Schulbeginn bis in den Nachmittag bietet die Möglichkeit einer dem Lernrhythmus der SchülerInnen entsprechenden Verteilung der Lernzeit und der freizeitlichen Aktivitäten auf Vormittag und Nachmittag.
Auch als Ort sozialer Begegnung und sozialen Lernens eröffnet die Ganztagsschule in weitaus umfangreicherer Form als die Halbtagsschule soziale Kontakte der SchülerInnen untereinander.
Leistungsbeurteilung
Ziel der schulischen Ausbildung muss es sein, den Schülerinnen und Schülern Wissen zu vermitteln, nicht Leistung zu beurteilen.
Wir fordern daher, jegliche Form der Leistungsbeurteilung abzuschaffen. Der Drang der Menschen, Wissen zu erwerben ist eine wesentlich stärkere Motivation zu lernen, als der zur Zeit herrschende Leistungsdruck es jemals sein kann.
Universität
Die Wissenschaften haben in der Vergangenheit viel zum gesellschaftlichen Fortschritt beigetragen. Unserer Meinung nach sollen sie die Werkzeuge zum Erkennen und zur Bewältigung gesellschaftlicher Probleme liefern.
Die Inhalte der Lehre und Forschung dürfen nicht die Interessen der lohnabhängigen Mehrheit der Bevölkerung und die von Minderheiten ignorieren.
Den Universitäten kommt daher auch eine wichtige Rolle im Kampf um die gerechte Verteilung des gesellschaftlichen Wohlstandes zu. Als Sozialistische Jugend sehen wir die Universitäten in diesem Kontext als gesamtgesellschaftliche Institutionen, zu denen daher auch Stellung zu beziehen ist.
Wir bekennen uns zum offenen Hochschulzugang. Die Bildung ist Angelegenheit des Staates, er hat diese zu garantieren. Jede Form von Studiengebühren, Einschreibgebühren oder Kostenbeteiligungsmodellen wird von der Sozialistischen Jugend entschieden abgelehnt.
Die Sozialistische Jugend fordert den kostenlosen und offenen Zugang zu allen Bildungseinrichtungen. Weiters fordern wir einen leichteren Zugang zur Universität für Nicht-MaturantInnen.
Trotz aller Reformen der Kreisky-Zeit die ohnehin in den letzten Jahren massiv reduziert wurden, sind Kinder aus der Arbeiterklasse an den Universitäten immer noch unterrepräsentiert.
Einer der Gründe dafür ist die mangelnde soziale Absicherung der Studierenden und die schlechte Verteilung der Studienbeihilfe.
Zu viele Studierende müssen neben dem Studium arbeiten gehen, um sich dieses überhaupt leisten zu können. Die Folge dieser Doppelbelastung ist eine Verlängerung der Studienzeit und damit verbunden natürlich auch die Erhöhung der individuellen und staatlichen Kosten.
Studieren muss ohne zusätzlichen Verdienst möglich sein.
Besondere Beachtung verdient die Stellung der Frauen an den Universitäten. Dies betrifft besonders die Beschäftigungspolitik der Universitäten, wo Frauen in entscheidenden Rollen massiv unterrepräsentiert sind.
Fachhochschulen in ihrer jetzigen Form lehnt die Sozialistische Jugend ab. Kaum vorhandene Möglichkeiten der studentischen Mitbestimmung sowie die Ausrichtung der Fachhochschulen auf die Interessen der Privatwirtschaft stehen im Widerspruch zu dem von uns angestrebten Bildungssystem.
Bildung hat sich an den Interessen der Menschen, nicht an den Profitinteressen der privaten Wirtschaft zu orientieren.
Erwachsenenbildung
Ebenso schrankenlos wie der Zugang zu Schulen und Universitäten sollte auch der Zugang zur Erwachsenenbildung sein. Weiterbildung darf nicht das Privileg der herrschenden Klasse sein, sondern muss allen Menschen jederzeit offen stehen und von öffentlicher Hand finanziert werden.
Weiterbildungsangebote sind flächendeckend bereitzustellen um ein Stadt-Land Gefälle zu vermeiden.
Wissenschaft und Forschung
Wissenschaft ist die Vorraussetzung menschlichen Fortschritts. Das Studium von Phänomenen und Zusammenhängen und das Erkennen von Möglichkeiten des Eingreifens in natürliche und gesellschaftliche Prozesse zum Wohle der Menschheit sollte Aufgabe der Wissenschaft sein.
In der Klassengesellschaft ist die Wissenschaft aber den Interessen der herrschenden Klasse unterworfen, da diese es ist, in deren Auftrag die Wissenschaft arbeitet, welche die Forschung finanziert und repräsentiert.
Wissenschaftliche Erkenntnisse werden marktwirtschaftlichen Regeln unterworfen indem Forschungsergebnisse patentiert und wie Waren gehandelt werden, Forschung, die im Widerspruch zu den Interessen der Herrschenden steht, wird einfach unterdrückt, Erkenntnisse werden zurückgehalten.
Diese Verfälschung der Aufgaben der Wissenschaft, die Instrumentalisierung der Forschung hat eine Einschränkung der Wissenschaft zur Folge, die allein im Interesse der herrschenden Klasse liegt.
Sie ist es, die wissenschaftliche Arbeit primär zur Absicherung der eigenen Machtposition, einsetzt.
Aus diesen Fesseln muss die Wissenschaft befreit werden. Wissenschaft muss dem Fortschritt der gesamten Menschheit dienen, nicht der Profitgier einiger weniger Privilegierter. Wir fordern die Offenlegung aller Forschungsergebnisse und die Aufhebung des Patentrechts.
Lehrlingsausbildung
Die Zahl der Lehrstellensuchenden übersteigt jedes Jahr die Zahl der angebotenen Lehrstellen. Viele von denen, die einen Lehrplatz haben, wollten ursprünglich eine ganz andere Ausbildungsrichtung einschlagen. Die Angebote für junge Frauen beschränken sich auf die traditionellen, im Allgemeinen weitaus geringer entlohnten, Frauenberufe. Schutzbestimmungen für Lehrlinge werden Schritt für Schritt abgebaut. Die Zahl der angeboten Lehrstellen nimmt von Jahr zu Jahr ab - Die duale Lehrlingsausbildung (Ausbildung in Betrieb und Berufsschule) ist am Ende.
Triale Lehrlingsausbildung
In Sachen Lehrlingsausbildung geht es unserer Meinung nach nicht nur um eine quantitative Verbesserung, sprich das genügend Lehrplätze vorhanden sind, sondern auch um eine qualitative Verbesserung der Lehrlingsausbildung und der Arbeitsbedingungen, damit dem Wort Bildung auch Rechnung getragen wird.
Wir wollen die duale Lehrlingsausbildung durch ein triales Lehrlingsausbildungssystem ersetzen. Neben den Komponenten Ausbildung in Betrieb und Berufsschule sollen bei allen Berufssparten, in denen dies möglich erscheint, öffentliche Lehrwerkstätten als zusätzliche Ausbildungskomponente geschaffen werden.
Das derzeitige System kann die quantitative und qualitative Ausbildung jetzt und auch in Zukunft nicht gewährleisten.
Ein triales Modell erhöht die Zahl der Lehrplätze und sichert die Qualität der Ausbildung. Bildung ist die Aufgabe des Staates! Nicht nur im Schulbereich, sondern auch bei der Lehrlingsausbildung. Deshalb muss auch die Lehrlingsausbildung auf staatlicher Ebene in Form von Lehrwerkstätten passieren.
Jede und jeder, die/der einen Ausbildungsplatz für eine bestimmte Berufssparte möchte, muss diesen auch bekommen! Die Wirtschaft darf dabei allerdings nicht aus ihrer Verantwortung genommen werden, sondern hat in diesem Fall vielmehr die Aufgabe, die praxisorientierte Ausbildung zu gewährleisten und in Form eines Umlageverfahrens auch die öffentlichen Lehrwerkstätten zu finanzieren. Es sind die einzelnen Betriebe, die von gut ausgebildeten FacharbeiterInnen profitieren.
Reform der Berufsschulen
Auch im Berufsschulbereich sind Veränderungen mehr als nur notwendig. Eine Entrümpelung des Lehrplanes auf der einen Seite, mehr praxisorientierte Ausbildung, sowie im Sinne des lebenslangen Lernens und der Chancengleichheit mehr Bedacht auf Allgemeinbildung auf der anderen Seite sind notwendig.
In letzter Konsequenz streben wir ein Ausbildungssystem an, indem die Lehrlingsausbildung einen integrierten Bestandteil der modularen Gesamtschule darstellt.
Ziel der Umwälzungen
Das Ziel, auf das alle Umwälzungen im Bildungsbereich orientiert sein müssen, ist die Auflösung der Trennung in Schule, Universität und Lehre, da diese nicht nach den Interessen sondern nach der sozialen Herkunft der Menschen differenziert.
Die Trennung der verschiedenen Schultypen reproduziert etablierte Gesellschaftsstrukturen, während in Bildungssystem, das all diese Bereiche umfasst, gleiche Voraussetzungen für alle Menschen schafft.
Zusammenfassung des Grundsatzprogramms der SJ Österreichs
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