Grundsatzprogramm der SJ Österreichs - Teil 15 : Die politischen GegnerInnen
Die politischen GegnerInnen
Dieses Kapitel beschäftigt sich mit unseren GegnerInnen. Obwohl in einem Kapitel abgehandelt, sollen bürgerliche Bewegungen und linke Fehlanalysen nicht auf eine Stufe mit Faschismus, Sexismus, Rassismus, Rechtsextremismus und Antisemitismus gestellt werden. Das wäre nicht nur inhaltlich falsch sondern auch verharmlosend.
Mit einigen der nachfolgend beschriebenen GegnerInnen arbeiten wir in punktuellen Fragen zusammen. Das bedeutet aber nicht, dass wir deren Analysen oder Weltanschauung teilen, sondern dass es, wenn auch unterschiedlich begründet, durchaus gemeinsame Zielsetzungen geben kann.
Als MarxistInnen anerkennen wir, dass es auch SozialistInnen mit feministischen, ökologischen, anarchistischen oder religiösen Überzeugungen gibt.
Rechtsextremismus
Rechtsextremismus ist in den Medien und im öffentlichen Bewusstsein oft mit „hohlen Glatzen“, die aus Langeweile und Orientierungslosigkeit trinken und Schlägereien suchen, gleichgesetzt. Tatsächlich ist das nur ein Teil des rechtsextremen Spektrums und in keiner Weise eine Erklärung der Ursachen.
Rechtsextremismus baut auf der Ideologie der Ungleichheit der Menschen. Daraus leiten sich zentrale Elemente rechtsextremer Ideologie ab: Biologismus rückt das vermeintlich „Natürliche“ in den Mittelpunkt gesellschaftlicher und historischer Entwicklungen. Sozialdarwinismus rechtfertigt die Unterscheidung zwischen höher- und minderwertigen Menschen auf Basis dieser „Natürlichkeit“.
Rassismus, Antisemitismus und Nationalismus verbunden mit völkischer Ideologie, sind Kernelemente rechtsextremer Theorie und Praxis.
Im rechtsextremen Weltbild haben Frauen in erster Linie als Mütter für die Vermehrung des Volkes zu sorgen. Rechtextremismus ist daher radikal antifeministisch. Faschistische Verbrechen wie der Holocaust werden verharmlost oder auch geleugnet.
Auf dieser Ideologie der Ungleichheit aufbauend fordern Rechtsextreme ein autoritäres Gesellschaftssystem, in dem jede/r seinen/ihren von der Natur bestimmten Platz hat. Diese „Volksgemeinschaft“ soll in sich homogen und konfliktfrei sein. Staat und Regierung gelten als Diener am Volk und an der Spitze der Hierarchie steht ein „starker Mann“, ein Führer. Jede Form von Demokratie wird als „Gleichmacherei“ abgelehnt.
Rechtsextreme sind keinesfalls als gesellschaftlich isolierte Gruppe zu betrachten. Die „Szene“ beschränkt sich nicht auf die erwähnten Schläger, sondern reicht weit in die „etablierte Gesellschaft“ hinein.
Burschenschaften, Kameradschaftsbund, der Österreichische Turnerbund, die Vertriebenenverbände, die FPÖ und andere gut verankerte Organisationen bilden ein wichtiges Rückgrad für die Arbeit kleinerer legaler und illegaler Gruppierungen, die ihre Kameraden auf der Straße rekrutieren.
Speziell die FPÖ dient als Sammelbecken der österreichischen Rechtsextremen.
Wir als SozialistInnen begreifen, dass Rechtsextremismus der Legitimierung und Absicherung der kapitalistischen Ordnung dient. Rechtsextremismus spiegelt die in der Gesellschaft herrschenden Ideen der Ungleichheit wieder, die wir als MarxistInnen bekämpfen.
Rassismus
Rassismus ist eine zur Diskriminierung und Unterdrückung entwickelte Ideologie, Praxis und Struktur, nach der bestimmte Menschengruppen oder Völker als kulturell und oder biologisch überlegen und andere als minderwertig gelten. Rassistische Theorien, die versuchen, die Minderwertigkeit bestimmter Menschen wissenschaftlich zu begründen, und gewannen im 19. Jahrhundert insbesondere vor dem Hintergrund der Entwicklung des Kapitalismus an Bedeutung und dienten zur Rechtfertigung der imperialistischen Unterdrückung und Ausbeutung anderer Völker.
Vor diesem Hintergrund ist Rassismus durch bloße „Vorurteile“ oder „Angst vor Fremden“ nicht erklärbar.
Entscheidend ist, dass rassistische Ideologie die kapitalistische Ausbeutung stützt, wenn beispielsweise MigrantInnen als weitgehend schutzlose und billige Arbeitskräfte zur Verfügung stehen oder globale Ungerechtigkeiten auf Eigenschaften der Unterdrückten zurückgeführt werden.
Rassismus ist aber nicht nur eine Ideologie der herrschenden Klasse. Als gesellschaftliches Verhältnis wird er auch zur Ideologie der Beherrschten. Er gibt ihnen die Möglichkeit sich Menschen, die sozial noch schlechter gestellt sind, überlegen zu fühlen.
Wir sind der grundlegenden Überzeugung, dass alle Menschen als solche gleich geboren sind und daher die gleichen Rechte haben müssen. Daher verstehen wir jede Konstruktion von Rassen als Ideologie der Rechtfertigung von Ungleichheiten im Interesse des kapitalistischen Systems und treten gegen jede Form von Diskriminierung und Unterdrückung auf.
Das Feindbild Islam wird im so genannten „Krieg gegen den Terror“ zur Legitimation von Kriegen, Diskriminierung und Unterdrückung von Minderheiten sowie Abbau demokratischer Rechte gebraucht. Daher lehnen wir Islamfeindlichkeit ab.
Antisemitismus (Antijudaismus)
Der Begriff Antisemitismus entstand gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland und bezeichnet jene politische Weltanschauung die in den Juden und Jüdinnen ein die „Nation“ ökonomisch, rassisch, geistig und politisch zersetzendes Element sieht. Der Antisemitismus konnte bei seiner Entstehung an die Jahrhunderte alte Tradition des christlichen Judenhasses anknüpfen. Trotzdem gilt festzuhalten, dass sich der Antisemitismus vom christlichen Judenhass unterscheidet. Während sich Zweiterer vor allem auf religiöse und emotionale Motive gründet, ist der „moderne“ Antisemitismus eine politische Anschauung auf Basis rassistisch motivierter Wissenschaft.
Der Antisemitismus propagiert die Bekämpfung einer internationalen Verschwörung des Judentums die angeblich versucht „das Volk“ zu zersetzen. Er versucht, ungeachtet der Realität, alle politischen, wirtschaftlichen, usw. Probleme den Juden zuzuschieben. Der Antisemitismus propagiert, dass die Juden den Nationalstaat von zwei Seiten angreifen: einerseits durch die ArbeiterInnenbewegung die angeblich den Staat von innen aushöhlen soll, andererseits durch das „internationale jüdische Kapital“ welches von außen versucht den Staat zu zerstören.
Der Antisemitismus als politische Ideologie dient auch dazu, die Widersprüche des kapitalistischen Systems zu verschleiern.
Als Sozialistinnen und Sozialisten ist unsere zentrale Betrachtung immer aus der Sichtweise des Klassenstandpunktes. Auch aus diesem Grund lehnen wir jeglichen Antisemitismus ab, und sind vielmehr davon überzeugt, dass auch bei der Bekämpfung und Beseitigung des Antisemitismus die Grundlage die Beseitigung des kapitalistischen Wirtschaftssystems ist.
Sexismus
Sexismus bedeutet die Diskriminierung einer Person aufgrund ihres Geschlechts. In der Regel richtet sich sexistisches Verhalten gegen die Kategorie Frauen und muss im Zusammenhang mit der generellen Benachteiligung von Frauen in vielen Bereichen des Lebens gesehen werden. Gesellschaftliche Zuschreibungen aufgrund des Geschlechts werden als natürlich betrachtet.
Sexismus hat viele Facetten. Er beginnt beim Produzieren von Stereotypen wie „Typisch Frau“, geht über abfällige Äußerungen wie „Frauen können nicht Autofahren“ hin zu sexuellen Anspielungen und Belästigungen, Vergewaltigungen und Mord.
Wir erachten die Gleichberechtigung von Frauen und Männern als einen Grundpfeiler einer gerechten Gesellschaft und verstehen Sexismus in jeder Form als rückschrittlich. Die Unterdrückung von Frauen ist für uns kein Nebenwiderspruch des Kapitalismus, wenn wir auch wissen, dass die Benachteiligung von Frauen mit dem kapitalistischen System in vielen Bereichen untrennbar verbunden ist.
Nur durch die Überwindung des Kapitalismus wird nicht automatisch der Sexismus aufgehoben.
Wir sehen den Sexismus als unseren Gegner, weil dieser dem reaktionären Weltbild den Rücken stärkt. Unser konsequenter Kampf für eine gerechte Gesellschaft muss mit dem Kampf gegen Sexismus verknüpft sein.
Faschismus
Der Begriff Faschismus sorgt seit seinem Aufkommen zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Italien für heftige wissenschaftliche und politische Diskussionen.
Es existieren zahlreiche unterschiedliche Deutungen des Begriffs und manche bürgerliche HistorikerInnen lehnen ihn als Kategorie für einen bestimmten Typus politischer Bewegungen überhaupt ab.
Funktion des Faschismus ist klar die Absicherung der kapitalistischen Herrschaft in der Krise, doch zugleich arbeitet der Faschismus mit pseudorevolutionärer Propaganda und verspricht den Massen der Bevölkerung eine Verbesserung der Verhältnisse. Als SozialistInnen sehen wir im Faschismus eine Form der bürgerlichen Klassenherrschaft. Der Faschismus dient insbesondere den Interessen der ökonomisch mächtigsten Teilen des Großkapitals. Für seinen Erfolg entscheidend ist ein Bündnis des monopolisierten Großkapitals mit den bürgerlichen Eliten in Staatsapparat und Militär bzw. mit um ihre soziale Stellung fürchtenden kleinbürgerlichen Schichten. Gemeinsam ist diesen Gruppen, dass sie die ArbeiterInnenbewegung zurecht (Großkapital) bzw. zu unrecht (KleinbürgerInnentum) als Bedrohung ihrer gesellschaftlichen Position wahrnehmen.
Die faschistische Diktatur tritt aggressiv nach Außen und nach Innen auf. Nach Außen sollen neue Rohstoffquellen und Absatzmärkte erobert werden, nach Innen soll in erster Linie die organisierte ArbeiterInnenbewegung zerschlagen werden.
Darüber hinaus richtet sich der faschistische Terror gegen alle demokratischen Kräfte. Zusätzlich zur ökonomischen Fragestellung erscheint es uns wichtig die sozialen, historischen und politischen Gegebenheiten des Faschismus in seiner jeweiligen landesspezifischen Entwicklung mit einzubeziehen. Diese unterschiedlichen Gegebenheiten dienen uns als Erklärungsansatz der verschiedenen Erscheinungsformen des Faschismus. Faschistische Werte und Gesellschaftsvorstellungen sind rechtsextrem und richten sich radikal gegen die ArbeiterInnenbewegung.
Wenn wir von Faschismus sprechen, geht es uns vor allem um die Frage nach den sozialen Kräfte und Interessen, welche die Politik maßgeblich bestimmen und nicht etwa um eine bloße Beschreibung seiner Herrschaft.
Faschismus betrachten wir als ein Kind des Kapitalismus, dem in der Krise kein anderer Ausweg als offener Terror gegen die ArbeiterInnenbewegung bleibt. Antifaschismus war daher immer ein Grundwert sozialistischer Bewegungen. Antifaschismus darf nicht erst aktuell werden, wenn eine faschistische Machtübernahme bevorsteht, sondern muss sich im Kampf gegen den Kapitalismus äußern.
Kirche und Religion
Als Sozialisten und Sozialistinnen sind wir überzeugt davon, dass die Menschen ihre Geschichte selbst machen. Unser aller Handeln ist geleitet von unseren eigenen Entscheidungen. Für uns gibt es keine höheren Mächte, ob sie nun Geister oder Götter und Göttinnen genannt werden, die unser Schicksal bestimmen.
Es sind die Klassenkämpfe, der wissenschaftliche Fortschritt, die Entwicklung neuer Produktionsmittel und deren Verwendung, die unser Leben verändern. Veränderungen der Gesellschaft sind das Werk der Gesellschaft bzw. Teile der Gesellschaft selbst. Von diesem Standpunkt her gesehen, lehnen wir den Glauben an höhere Wesen ab, die angeblich unser Leben bestimmen.
“Die Religion ist das Opium des Volkes”- dieser Satz von Marx bildet den Eckpfeiler der ganzen sozialistischen Anschauung in der Frage der Religion.
Für uns SozialistInnen ist die Funktion der Religion und ihrer Institutionen und Organisationen stets als Organ der herrschenden Klassen zu betrachten- Vernebelung der herrschenden Zustände, Verdummung der unterdrückten Klassen.
Aber um sich gegen die Religion zur Wehr setzen zu können, darf man sich nicht auf eine reine Propaganda beschränken, sondern man muss ihre Existenz in Zusammenhang mit den sozialen Verhältnissen betrachten.
Die Religion wurde nicht von den gewieftesten Herrschern zur Unterdrückung ihrer Untertanen geschaffen. Im Gegenteil, vielfach ist sie das Produkt von Unzufriedenheit. Ihre Wurzeln sind hauptsächlich sozialer Natur.
Der Mensch macht die Religion selbst. Die Religion ist vielfach die Flucht vor dem realen Elend. Sie ist der Ausdruck des wirklichen- sozialen wie geistigen- Elends, aber zugleich auch ein Protest dagegen, dennoch wurde und wird dieses Phänomen von den herrschenden Klassen für ihre Zwecke benutzt.
Der Sozialismus strebt jedoch nicht nach einer Illusion. Sozialismus, dass muss etwas Reales sein. Der Protest gegen Unterdrückung, Ausbeutung und dergleichen darf nicht auf einer religiösen Ebene stattfinden.
Die Veränderung darf nicht von einem „höheren Wesen“ erwartet, sondern muss von uns gemacht werden.
Die Trennung von Staat und Religion, die die liberal- bürgerliche Demokratie versprochen hat, ist nirgendwo zur Realität gekommen. Zu groß sind die Verwicklungen und Verbindungen zwischen Staat, Kapital und den religiösen Institutionen.
Noch immer hängen Kreuze in den Klassenzimmern und anderen öffentlichen Einrichtungen, noch immer steht in Dokumenten unsere Glaubensrichtung. Religion ist Privatsache für jede und jeden, und als solche muss sie auch behandelt werden.
Wir sprechen niemanden das Recht auf Glauben ab, dennoch sehen wir es als eine unsere Aufgaben dafür zu sorgen, dass die Menschen erkennen, dass sie selbst die Schöpfer und Schöpferinnen sind, dass sie ihr Leben selbst bestimmen können, dass sie Geschichte machen.
Liberalismus
Klassische liberale Parteien und Organisationen gibt es in der heutigen Zeit kaum noch. Der Liberalismus, geboren vom aufstreben Bürgertum im 18. Und 19. Jahrhundert, hat sein Ziel, den bürgerlichen Staat erreicht.
Der Liberalismus war früher die dominierende Strömung im bürgerlichen Lager. Nachdem seine Ziele, in erster Linie die Herrschaft der Bourgeoisie, erreicht waren, nahm der Konservativismus als Herrschaftsrechtfertigung immer mehr Überhand. Und es ist kein Zufall, dass es zu einer solchen Entwicklung gekommen ist, sondern es liegt in der Logik der geschichtlichen Entwicklung. Der klassische Liberalismus als wichtigste Weltanschauung der Bourgeoisie hat für diese seine Aufgabe längst verloren.
Die letzten verbliebenen Reste liberaler Unverbesserlicher bauen weiterhin auf den Grundsätzen der freien Marktwirtschaft auf der einen, und bürgerlichen Humanismus auf der anderen Seite. Der Liberalismus glaubt an die Idee des Fortschrittes, ist aufklärerisch, parlamentarisch- demokratisch.
Aber die liberale Toleranz findet bis heute dort seine Grenzen, wo das Privateigentum an Produktionsmittel in Frage gestellt wird.
An diesem Punkt schließt sich der Kreis zwischen Herkunft und Funktion des Liberalismus. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit gelten nur so lange, so lange sie nicht die Interessen des Kapitals durchqueren. Und damit wird klar, dass der Liberalismus, so menschenfreundlich er in ruhigen Zeiten auftritt, nicht für die Befreiung der Menschen von jeder Form von Ausbeutung und Unterdrückung kämpft, sondern die Klasseninteressen des Kapitals vertritt und auch bereit ist diese zu verteidigen.
Auch wenn er selbst mit seinen aufklärerischen Gedanken brechen muss. Das ist die Inkonsequenz des Liberalismus. Es ist eine geschichtliche Tatsache, dass liberale Parteien in Krisenzeiten schnell viele ihrer Inhalte aufgeben und zu Autoritären verkümmern.
Konservativismus
Der Konservativismus ist bereits von seinem Kern aus eine durch und durch rechtsbürgerliche Ideologie.
Festhalten an bestehenden staatlichen Strukturen, starker Drang zur Schaffung bzw. Rechtfertigung autoritärer Strukturen, Obrigkeitsdenken, Rückwärtsgewandte Utopien, versteckte bis offene Frauenfeindlichkeit, Verteidigung der kapitalistischen Wirtschaftsordnung, vorgehen gegen kritisches Denken, religiöse Geschichtsauffassung, starke Abneigung gegen die sich selbst organisierende ArbeiterInnenschaft, usw.
Auf den Punkt gebracht ist das Programm des Konservativismus das Ablehnen von progressiven Veränderungen, nicht aber von reaktionären.
Im Unterschied zum Liberalismus lehnt der Konservativismus vertragliches Denken ab. Ist für den Liberalismus der Staat ein Vertrag zwischen den einzelnen Individuen, so verstehen die Konservativen darunter meist eine natürliche, gottgewollte und vor allem ewige Ordnung. Eine solche verkehrte Darstellung soll suggerieren, dass es in der Geschichte der Menschheit keine Alternative zum herrschenden System geben kann.
Vom Konservativismus kann man wohl am klarsten sagen, dass er letztendlich nichts anderes ist wie eine Rechtfertigung der vorherrschenden wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Zustände.
Im 18. und 19. Jahrhundert war der Liberalismus die Ideologie des aufstrebenden Bürgertums. Aber nachdem dessen Ziele erreicht waren, wurde aus der vormals revolutionären bürgerlichen Bewegung die neue Herrschaftsschicht. Sie hatte ihre Ziele, wie das Zurückdrängen des Feudaladels oder die Schaffung des Freihandels, erreicht. Nun galt es ihre Positionen zu sichern. Eine revolutionäre Theorie war dafür nicht mehr sinnvoll. Die Aufgaben waren nicht mehr Zerschlagen des Feudalismus, sondern Verteidigung des Kapitalismus. Die Gegner waren nicht mehr Adel und Feudalbesitzer, sondern die stärker werdende ArbeiterInnenbewegung.
Von diesem Standpunkt lässt sich der Standpunkt des Konservativismus leichter verstehen. Der Konservativismus darf nicht als eine Ideologie gesehen werden, die einfach am “status quo” festhalten will. Sie will Privilegien der herrschenden Klassen und Schichten in Staat und Wirtschaft weiter garantieren und ausbauen.
Linke Fehlanalysen
Der Anarchismus und das was wir gemeinhin als linke Kinderkrankheiten bezeichnen ist alles andere als einheitlich. Es gibt viele anarchistische und andere Strömungen die trotz ihrer Vielfalt Gemeinsamkeiten aufweisen. Und eben jene Gemeinsamkeiten sind es, die uns als SozialistInnen von ihnen trennen.
Es ist ihnen alle innewohnend, dass die Stärke der organisierten sozialistischen Bewegung für sie keine Bedeutung hat. Politische Auseinandersetzungen, Arbeitskämpfe,.. sollen auch dann geführt werden, wenn von vornherein feststeht, dass sie in einer totalen Niederlage enden muss. Auf Verluste wird in dieser Frage keine Rücksicht genommen. Für uns als SozialistInnen ist klar, dass vor jeder Aktion auch nach der Sinnhaftigkeit dieser gefragt wird und dann über ihre Form entschieden wird:
- Besteht die Aussicht auf Erfolg oder nicht?
- Wie groß kann der Schaden sein, wenn wir verlieren?
- Wie ist die beste Form aufzutreten?
Erst nachdem diese und andere Fragen beantwortet sind wird entschieden ob und wie wir weiter vorgehen.
Ein weiteres Problem dieser Standpunkte ist die Verkennung anderer politischer Strömungen. Diese Gruppen sind so realitätsfern, dass sie keinen Unterschied mehr zwischen ihren verschiedenen politischen GegnerInnen sehen. Ob Sozialdemokratie oder Liberalismus, ob Konservatismus oder Faschismus, alle sollen sie aus dem gleichen Boot kommen und auch die gleichen Interessen vertreten. So eine Einstellung schadet nicht nur einer genauen Analyse der politischen Situation, sondern auch den Schlüssen die daraus gezogen werden sollen.
Genauso wie wir sehen sie in der bürgerlichen Demokratie keine wahre Demokratie. Solange wir in einem Klassensystem leben, solange die Wirtschaft nicht ebenfalls demokratisch geleitet wird kann nicht von einem allumfassenden demokratischen System die Rede sein. Im Gegensatz zu uns wird in vielen Fällen eine Beteiligung an Wahlen aber abgelehnt. Nur allein durch außerparlamentarische Aktionen kann der Kapitalismus überwunden werden, so die Meinung.
Wir sind uns bewusst, dass der Sozialismus nicht durch Reformen im Parlament, sondern nur durch die große Masse der ArbeiterInnen erkämpft werden kann. Trotzdem lehnen wir eine Beteiligung an Wahlen nicht ab. Einerseits dient uns das Parlament als Möglichkeit der Propaganda und Aufklärung, andererseits können wir, wenn wir die Mehrheit errungen haben, mittels Reformen innerhalb des kapitalistischen Wirtschaftssystems Verbesserungen herbeiführen.
Ein Boykott von Wahlen ist somit in doppelter Hinsicht zu verurteilen. Einerseits wird negiert, dass innerhalb des vorherrschenden Wirtschaftssystems Verbesserungen möglich sind, andererseits führt der Boykott zu nichts anderem als Isolierung von den Menschen und Sektierertum. Zusätzlich sehen sie in der bürgerlichen Demokratie nur eine Farce. Sie erkennen den Unterschied zwischen bürgerlicher Demokratie und Diktaturen nicht- als wären Versammlungs- und Redefreiheit keine Errungenschaften die es gegen Angriffe zu verteidigen gilt, wie wohl unser Verständnis von Demokratie ein viel weitreichenderes ist, als die bürgerliche Demokratie selbst.
Bürgerliche Bewegungen (z.B. Grüne,..)
Oft ist der Unterschied zwischen fortschrittlichen bürgerlichen Bewegungen, wie zum Beispiel den Grünen, und Sozialdemokratischen Parteien oberflächlich nicht zu erkennen. In vielen Punkten gibt es Übereinstimmungen, vor allem in gesellschaftspolitischen Fragen sind es immer wieder „Links“bürgerliche die fortschrittlichere Meinungen vertreten wie so manche traditionelle ArbeiterInnenorganisation.
Gesellschaftspolitische Themen nehmen insgesamt in ihrem Auftreten einen weit größeren Platz ein, wie in den ArbeiterInnenparteien. Fortschrittliche Positionen in Fragen wie Kirche, Drogen, Homosexualität,.. sind für uns als SozialistInnen natürlich begrüßenswert.
Aber gerade in den Fragen der Wirtschafts- und Sozialpolitik scheint ein Schleier über den Forderungen z.B. der Grünen zu liegen. Äußerungen zum Thema Verstaatlichung, Lehrlingspolitik, Arbeitsrechte, etc. sind äußerst selten zu hören.
Das resultiert vor allem aus ihrer politischen Zielgruppe, die vor allem aus Studierenden, gebildeten Angestellten, Freiberufliche, Kleinbürger, etc. bestehen Und eben diese Schichten sind es, die den neoliberalen Kurs der letzten Jahre Widerstandslos hingenommen haben. Ganz im Gegensatz zu ArbeiterInnen, die sich in den letzten Jahren immer stärker dagegen auflehnen.
Gerade in Zeiten von sozialen Konflikten sieht man die Schwäche linksbürgerlicher Organisationen. Sie verschwinden von der politischen Bühne, als wären sie für einen gewissen Zeitraum nicht existent.
Solche Parteien und Gruppen haben weder eine soziale Verankerung in der Bevölkerung noch arbeiten sie daran eine solche aufzubauen. Somit können sie je nach Bedarf ihre politische Richtung ändern- im Gegensatz zu Parteien wie der SPÖ, die zwar oberflächlich oft einer bürgerlichen Partei ähnelt, aber aufgrund ihrer Basis nicht beliebig schwenken kann.
Parteien wie den Grünen ist außerdem vorzuwerfen, dass sie oft eine tiefe Abneigung gegen die ArbeiterInnenbewegung aufweist und in ihr nicht die Kraft zur Veränderung der Gesellschaft sieht. Der Unterschied liegt darin, dass die Grünen ausschließlich Veränderungen im Rahmen des kapitalistischen Systems anstreben, währenddessen wir deren Überwindung betreiben.
Homophobie
Homosexualität, Bisexualität und Transgenderpersonen sind schon immer Realität. Der Umgang damit hat sich aber im Laufe der Zeit stark gewandelt. So waren homosexuelle Beziehungen zwischen Männern in der griechischen Antike hoch angesehen. Je mehr aber unter anderem die Kirche und konservative Kräfte in Politik und Gesellschaft Eingang fanden, desto mehr setzte sich das klassische Bild der Kernfamilie (Vater-Mutter-Kind) durch.
Alle Lebensformen, die diesem Bild nicht entsprechen, griffen und greifen die im und für den Kapitalismus in seiner jetzigen Phase wichtige Rollenverteilung zwischen Mann und Frau an.
Noch heute gilt diese Form des Zusammenlebens als die Norm, auch wenn sie der gesellschaftlichen Realität längst nicht mehr entspricht. Nach und nach entwickelte sich auch individuelle und strukturelle Benachteiligung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen und Transgenderpersonen: Im kleinen Bereich werden diese Benachteiligungen Homophobie genannt.
Diese bezeichnet die gesellschaftlich produzierte Angst vor gleichgeschlechtlicher sexueller Orientierung. Das umfasst Nichtwahrnehmung, Diskriminierung, soziale Ausgrenzung bis hin zu Gewalt. Besonders lesbische Frauen sind von dieser Nichtwahrnehmung betroffen.
Die Justiz und die Politik räumen PartnerInnenschaften, die nicht der traditionellen Rollenverteilung entsprechen keinen bzw. eingeschränkten Raum ein, die Wissenschaft sah – und sieht zum Teil bis heute – Homo- und Bisexualität als Krankheit an, in den Medien werden fast immer nur gängige Klischees dargestellt.
Für uns als SozialistInnen ist klar, dass es keine Benachteiligung aufgrund von sexueller Orientierung geben darf. Wir sehen Heterosexualität und Kernfamilie nicht als die Norm an, von der alles andere abweicht. Für Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transgenderpersonen und alle anderen Lebensformen (Singles, Alleinerziehende, ...) müssen die selben Rechte gelten wie für alle anderen Menschen. So ist ein allumfassendes Antidiskriminierungsgesetz unverzichtbar.
Neben rechtlichen müssen auch gesellschaftliche Rahmenbedingungen geschaffen werden, die eine Diskriminierung aufgrund der gewählten Lebensform nicht zulassen.
Zusammenfassung des Grundsatzprogramms der SJ Österreichs
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